Wie lernt man am besten eine Fremdsprache? Auf Reisen mit dem Sprachführer im Gepäck oder auf der Schulbank im Unterricht durch einen fachkundigen Lehrer? Was uns ein Blick in die Vorworte deutsch-romanischer Sprachbücher über die Lern- und Lehrtraditionen frühneuzeitlichen Fremdsprachenerwerbs verrät.

Wie lernt man am besten eine Fremdsprache? Die Verfasser der ältesten überlieferten Sprachbücher für europäische Volkssprachen schien diese Frage erstaunlich wenig zu beschäftigen. Erhalten geblieben sind uns aus dem 14. und 15. Jahrhundert unter anderem die französischen bzw. anglonormannischen livres des métiers und manières de langage sowie die deutsch-italienischen Sprachbücher Georgs von Nürnberg (1424) und Adams von Rottweil (1477). Zwar bieten diese Werke ihrer Leserschaft umfangreiche Wortlisten und authentische Musterdialoge, die auf die täglichen Kommunikations­bedürfnisse der Lernenden ausgerichtet sind. Was sie hiermit aber genau anstellen sollen, dazu schweigen sich die Autoren aus. Titelblätter und Vorworte – nach Gérard Genette zentrale Elemente des Paratextes, die das Buch erst zum Buch machen und seine Rezeption entscheidend lenken Gérard Genette, Paratexte: Das Buch vom Beiwerk des Buches, Frankfurt/Main: Suhrkamp 2014, hier S. 18–19. – sind in dieser Zeit noch unüblich und dienen, wenn überhaupt, eher kommerziellen Werbezwecken. So heißt es zu Beginn einer späteren Ausgabe des Solenissimo vocabulista Adams von Rottweil schlicht:

Disen aller erwirdigsten vnd nutzlichiste[n] vocabulari zelerne[n] lesen der er begert sunder zuschül zegan: als wie hantwercksleütht. Vnd auch mag darin lernen ein teutscher welsch vn[d] ein welscher teutsch wen warüm in disem buch halten sich in alle namen vocabel vnd wort die ma[n] mäg. spreche[n] i[n] ma[n]cherlei hande. In etwa: ‚Dieses allerehrwürdigste und nützlichste Vokabular [ist für den,] der lesen lernen möchte, ohne zur Schule zu gehen: wie z.B. Handwerksleute. Und auch kann hiermit ein Deutscher Italienisch und ein Italiener Deutsch lernen, weshalb in diesem Buch alle Namen, Vokabeln und Wörter enthalten sind, die man in verschiedenen Situationen benutzen kann.‘, Solenissimo vocabulista, Venedig 1498, hier fol. i av.

Hilfestellung bei der Kommunikation im fremden Land: für das Feilschen auf dem Markt, das Einkehren im Gasthaus…

Ohne zur Schule zu gehen: Den Fremdsprachenlernern des 15. Jahrhunderts, die ohne einen Sprachmeister auskommen wollen oder müssen, bleibt mangels weiterer Anleitung nur die Option, ihren Solenissimo vocabulista entweder zum Nachschlagen einzelner Lemmata zu verwenden oder die enthaltenen „Namen, Vokabeln und Wörter“ gleich vollständig oder in Teilen auswendig zu lernen. Tatsächlich scheint diese Art der Wissensvermittlung für das frühneuzeitliche Fremdsprachenlernen nicht untypisch zu sein – was auch dem spezifischen Gebrauchskontext der Bücher geschuldet ist: Als praktische Sprachführer bieten sie ihren Lesern unmittelbare Hilfestellung bei der Kommunikation im fremden Land, sei es für das Feilschen auf dem Markt, das Einkehren im Gasthaus oder das Verhandeln mit Schneider, Schuster und Barbier. Die inhaltliche Gliederung genügt dabei als Leitfaden; eine explizite didaktische Unterweisung durch den Autor erübrigt sich. Nicht der einleitende Paratext, sondern das Fehlen desselben lenkt in diesem Fall die Rezeption des Buchs als Nachschlagewerk für die Sprachreise.

Neues Material – neue Methoden?

Wenig später, ab etwa der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wird eine Zunahme grammatischer Inhalte selbst in primär praktisch orientierten Sprachbüchern erkennbar. Vermutlich unter dem Einfluss des mittlerweile klar auf die klassische Schriftsprache ausgerichteten Lateinunterrichts integrieren die modernen Sprachmeister immer umfangreichere sprachstrukturelle Beschreibungen in ihre Werke. Die Diversifizierung der Inhalte geht dabei mit einer Diversifizierung der Lehr- und Lernmethoden einher: Neben dem schlichten Auswendiglernen und der induktiven Grammatikaneignung am konkreten Beispiel ist nun auch ein deduktiver Erwerb von Regeln und ihre erst anschließende praktische Anwendung möglich. Doch was ist besser? Wie lernt man am effizientesten eine neue Sprache? Indem man eher unvermittelt durch ausgiebige Lektüre und Nachahmung in sie „eintaucht“? Oder indem man zunächst ihre allgemeinen Regeln und Strukturen lernt und diese anschließend anzuwenden übt?

Eine Zeitenwende zeichnet sich ab: der Beginn der modernen Fremdsprachendidaktik!

Eine Zeitenwende zeichnet sich ab: der Beginn der modernen Fremdsprachendidaktik! Die Sprachmeisterschaft diskutiert, wägt die Vor- und Nachteile der grammatischen und der praktischen Methode gegeneinander ab, erprobt alternative Didaktik-Konzepte – oder auch nicht. Trotz neuer Inhalte ändert sich zumindest an den schriftlichen Vermittlungsmethoden zunächst kaum etwas. Die Lehrwerks­autoren richten sich nach wie vor nur selten direkt an ihre Leserschaft. Wo Vorworte – auch ausführlichere – geschrieben werden, dienen diese weiterhin vor allem der Werbung: Es wird der Wert des Sprachenlernens an sich angepriesen, die besondere Anmut und Nützlichkeit der jeweils vermittelten Sprachen und nicht zuletzt die große Kompetenz des publizierenden Sprachmeisters, der von seinem Bekanntenkreis geradezu gedrängt wurde, sein umfangreiches Lehrwissen in Form dieses kleinen, bescheidenen Werks endlich der Allgemeinheit zum Nutzen darzureichen.

So bleibt den Autodidakten unter den Fremdsprachenlernenden auch im 16. Jahrhundert nicht viel anderes übrig, als weiter fleißig auswendig und praktisch anwenden zu lernen: neben Vokabeln und Musterdialogen nun zusätzlich Deklinationstabellen und Satzbauregeln. Zugleich offenbart sich bei einigen wenigen Sprachmeistern ein wachsendes fremdsprachendidaktisches Bewusstsein. In einzelnen Werken beginnen die Autoren, einleitend ihre Vorstellungen vom optimalen Fremdsprachenerwerb zu formulieren und der Leserschaft explizite Anweisungen zum Gebrauch ihres Buchs zu geben. Dabei zeigt sich eine schrittweise Entwicklung vom selbständigen Sprachführer hin zum unterrichtsbegleitenden Lehrwerk.

Ohne Konjugation kein Lohn!

Das auf den flämischen Sprachmeister Noël de Barlaimont zurückgehende Colloquia et dictionariolum – mit dutzenden von Neuauflagen über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren wohl eines der erfolgreichsten Sprachbücher der Frühen Neuzeit – ist eines der ältesten Lehrwerke für europäische Volkssprachen, in dem der Autor eine didaktische Anleitung für sein Lehrbuch mitliefert. So heißt es in der Einleitung „Zu dem Leser“ zwar zunächst noch recht allgemein „so es euch nicht bequem das selb gants auswe[n]dig zu leren / so nempt daraus so am meisten notig“. Colloqvia et dictionariolvm sex lingvarvm, Antwerpen 1576, hier fol. * 8v. Die im Werk enthaltenen umfangreichen Musterdialoge und -briefe kann der Leser also selbstbestimmt und nach seinem individuellen Bedarf konsultieren und für den eigenen Sprachgebrauch kopieren. Die große Vielfalt der im Dialogteil dargestellten Kommunikationssituationen bietet hierfür eine solide Grundlage. 

Zu Beginn des grammatisch-lexikalischen Teils, in der „Vorrede des andern buchs“ scheint Barlaimont es dann aber doch vorzuziehen, seiner Leserschaft konkrete – und aus fremdsprachendidaktischer Sicht durchaus elaborierte – Hinweise an die Hand zu geben: 

Nach dem du nun geshenn habst in dem erstenn buch / die art / zu lernenn redenn Niderlendisch / Inglisch, Teutsch / Fra[n]tzosisch / Spanisch / und welsch / durch viel ghemeyne exempel / wie model oder formenn so hastu nun in diesem anderen buch viel gemeine wortt / ghesetz nach ordnung des alphabets / als materie daraus andere reden zu machen bei euch selbst. Drum wenn du setzen wilst / einighe rede aus Nederlentzsh / in Inglish / Deutzsh / Frantzesish / Spanish / oder welsch / So bedarftu / nicht mehr den dastu merkest mit war buchstabe das wortt anfengtt / dastu finden will / und darnach zu suchen wortt nach wortt. Und wenn du die wortt gefunden habt, so magstu sie zu samen fugen / wie du gesehen hast in dem ersten buch: Aber umb die selben woll zu samen zu fugen / so will vonn notte[n] sein / das du die art wissest, die rede zu vorendrenn in viele zeytt / und mancherley personen: nemlich durch die Coniugationes / welche wir zu deinem nutz / kurtz gar grosser in sechs sprach sollen lassen uszgon. Colloqvia 1576, fol. P7v-Q3v.

Ein raffinierter Mix unterschiedlicher didaktischer Methoden!

Nachdem der Leser im Studium der Musterdialoge und -briefe also Gelegenheit zum induktiven Erfassen der einzelsprachlichen Satzbaumuster hatte, wird ihm im zweiten Buchteil die lexikalische und morphologische „Materie“ – Vokabeln und Wortformen – dargereicht, die er zur Bildung eigener, neuer Sätze benötigt. Ein raffinierter Mix unterschiedlicher didaktischer Methoden!

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts veröffentlicht der aus Galicien stammende und in Süddeutschland praktizierende Sprachmeister Juan Ángel de Sumarán sein Tyrocinium Gallicum, Italicum et Germanicum (1617). Anders als sein flämischer Kollege betont Sumarán nicht nur die Notwendigkeit der Unterrichtung durch einen Sprachmeister, sondern gibt auch den umgekehrten, deduktiven Lernweg vor – vom Vokabel- und Grammatikstudium über die mündliche und schriftliche Satzbildung zur Lektüre und dem Auswendiglernen der Musterdialoge: 

Derwegen umb zuerlangen die volkommenheit dieser Sprachen / so in dieser Grammatica begriffen / rath ich dir ehe du in diese Länder / da man diese sprachen redt / verraisest / daß du zu einem Sprachmaister gehest / der dich vnderweiß wol zulesen un[d] außsprechen / die Sprach die du willst lernen / dir zaigen die fundamenta derselbigen / vnd dz er dich außwendig lerne Nomenclaturam so ich dir in disem Buch hab beygesetzt / zugethan mit den Verbis oder Coniugationibus, so gemacht wie ein Dialogus wol außwendig lernest vnd erkennest: Da du dessen ein wissenschafft hast / kanstu anfangen Argumenta zumache[n] / auch wol vnd correct zuschreiben lernest / vnd hernach die Dialogos lesest / so hie an diese Grammatic seyn angehengt / vnd laß dir solche von deinem Magister verstendig machen vnd außlegen. Juan Ángel de Sumarán, Tyrocinium Gallicum, Italicum et Germanicum, München 1617, hier fol. t6v-t7r.

Erst nach einem solchen sechs- oder siebenmonatigen Sprachstudium, das laut Sumarán einem zweijährigen Auslandsaufenthalt entspricht, empfiehlt der Autor seinen Lesern eine Reise in das Land ihrer Zielsprache, wo sie mit den erworbenen Grundlagen nach nur einem weiteren Jahr – und damit deutlich günstiger – dieselben Sprachkenntnisse erwerben würden wie nach vier bis sechs Jahren ohne vorherige Unterweisung. Sumarán 1617, t7v. Bei Sumarán nimmt der geleitete, grammatische Unterricht also bereits eine wesentlich wichtigere Rolle ein; zugleich wird aber auch der Nutzen sprachlicher Immersion anerkannt.

Von der Theorie zur Praxis – aber schnell!

Die Französischlehrer Pierre Canel und Matthias Kramer betonen in ihren Werken ebenfalls die Notwendigkeit eines gewissen grammatischen „Fundaments“, von dem aus man schrittweise – und idealerweise wieder unter sprachmeisterlicher Anleitung – den praktischen Gebrauch der Sprache erlernen könne:

Der Sprachmeister, der seinen Schüler unterrichten will, soll ihm zunächst in wenigen Worten die oben genannten allgemeinen wie auch besonderen Regeln wiederholen, ihn die wichtigsten lesen lassen und ihm davon die richtige und wahrhaftige Aussprache aufzeigen. 

Zuerst muss man die Deklinationen der Nomina und Pronomina sowie die Konjugationen der Hilfs- und Vollverben lesen, sie auswendig lernen und zusammen konjugieren. Anschließend muss man sie täglich wiederholen und auf diese Weise sowohl die regelmäßigen als auch die unregelmäßigen Konjugationen durchlaufen. Dabei formt man kleine Sätze aus den genannten Konjugationen und aus den anderen Regeln des Satzbaus, wählt hierzu am Anfang die üblichsten, geläufigsten und einfachsten Redeweisen, damit sie sich im täglichen Gebrauch leicht einprägen und man so zu den schwierigeren fortschreiten kann. Pierre Canel, Königlich Teutsche Grammatic, Nürnberg 1689, hier S. 121-122; Übersetzung L.G.

[…] und wird ein Schüler / nach dem er die erste nöthige Fundamenta des Lesens / des Conjugir- und Declinirens / und die Stellung der Worte ein wenig ergrieffen / vermittels der fleissigen Lesung / Auslegung / Ubersetzung / Nachfolgung und Außübung dieser anmuthigen Gesprächlein / gleichsam spielend zunehmen / und mit Gottes Hülffe und getreuer Anleitung eines verständigen Sprachmeisters / in ein paar Monaten zu einem füglichen Reden und Schreiben gelangen können Matthias Kramer, Nouveau Parlement, Frankfurt/Main 1696, „Vorbericht An den Sprach=begierigen Leser“.

Gleichzeitig warnen die Autoren aber davor, die Sprachpraxis zu lange hinauszuzögern; ist der Gebrauch einer Sprache doch immer noch der beste Weg, sie zu erlernen. Hierin ist sich Canel mit seinem Kollegen Nathanaël Duëz einig: 

Langweilig vndt verdrießlich ist es zwar / insonderheit Adelichen vndt vornehmen leüten sich mit solchen widrigen Grammaticalischen regeln zu placken…

Langweilig vndt verdrießlich ist es zwar / insonderheit Adelichen vndt vornehmen leüten sich mit solchen widrigen Grammaticalischen regeln zu placken / vndt dem kopff ihnen darüber zerbrechen: deßhalben auch die jenige sehr vnrecht daran thun / welche solche edle gemüdter mit gar zu viel dergleichen verwirrungen beladen; die sie viel mehr so kurtz alß es immermehr seyn könnte / durchführen / vndt gleich darauff daß reden vndt conversiren mehrentheil mit ihnen gebrauchen sollten. Nathanaël Duëz, Le vray gvidon de la langue francoise, Leiden 1639, hier fol. A2v.

[…] ich habe [diesen Seiten] noch die Methode beigefügt, sich ihrer nutzbringend zu bedienen und empfehle, sich zuallererst dieser zu widmen, um die Praxis mit der Theorie zu verbinden, ohne aber zwei oder drei Monate mit bloßer Lektüre oder Verbkonjugation zu vertrödeln, wie es einige Sprachmeister schlechterdings tun, da sie ihre Schüler auf diese Weise ohne Grund zurückhalten, bevor sie sie Übungen machen lassen; ist es doch unbestreitbar, dass diese Dinge gut im Gebrauch erlernt werden können, zu dem man so früh wie möglich gelangen muss […]. Canel 1689, „Au lecteur“; Übersetzung L.G.

Besonders nachdrücklich distanziert sich auch Matthias Kramer in seinem deutsch-italienischen Sprachbuch von den eintönigen, wenig gebrauchsorientierten Methoden einiger seiner Kollegen. In Form eines fiktiven Gesprächs eines Schülers mit seinem Sprachmeister beschreibt der Autor, wie man es nicht – und wie man es besser macht:

Lectionen / wie man sie den Kindern und den Papageyen gibt…

Schol. Und daß ihr eure Scholares nicht verwirret (irr machet) mit Schulfüchsereyen / noch mit Lectionen / wie man sie den Kindern und den Papageyen gibt? […] Und daß ihr sie nicht aufhaltet / und daß sie nicht zwey und drey Monat nach einander nichts anders thun dörfen als lesen? […] Und / daß ihr sie nicht plaget (einspannet) mit Wörtern und gedruckte Gespräche auswendig lernen zu lassen / wie fast alle andere thun? Matthias Kramer, La vraie methode, Nürnberg 1696, hier S. 11, 13.

Sprachm. Was mich anbelangt / mein Herr / will ich euch einen leichten / und gantz natürlichen Weg weisen / ich gedencke / mit Beyseitsetzung der unnützlichen und schulfüchsischen Theorien euch stracks in Praxin des Lesens / des Explicierens / des Ubersetzens / des Componierens und des Discurses zu führen. Kramer 1696, S. 17.

Vorworte als Schauplätze und Impulsgeber von Wissensbewegungen

Besonders spannend sind diese frühneuzeitlichen Beispiele für explizite didaktische Lenkung in Vorworten und Begleittexten zum einen deshalb, weil sie uns einen direkten Einblick in den fremdsprachendidaktischen Aushandlungsprozess grammatischer und praktischer Vermittlungs­methoden geben, welcher bis heute andauert. Der Gegensatz zwischen gebrauchsorientiertem Ideal und grammatikorientierter Lehrpraxis bestimmt die europäische Fremdsprachendidaktik seit über 400 Jahren und ist damit ein gutes Beispiel für die longue durée von Wissensbewegungen: Denn Wissen in Bewegung bedeutet nicht einfach Fortschritt im Sinne der Überwindung des Alten, sondern Wissenswandel kann ebenso die Reaktivierung fast vergessener Ideen und Methoden beinhalten.

Zum anderen werden in den Vorworten der zitierten Sprachbücher Ansätze von didaktischer Progression thematisiert, deren bloße Formulierung gleichsam performativ die Genese einer neuen Textsorte bewirkt. Zwar ist durch die „Gebrauchsanweisung“ der Lehrbuchautoren eine autodidaktische Aneignung des sprachlichen Wissens durch die Lesenden nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die ausdrückliche Empfehlung der Anleitung durch einen Sprachmeister deutet aber auf eine allmähliche und subtile Verschiebung, die sie gleichzeitig vorantreiben: Aus dem einfachen Sprachführer wird ein (fast) vollwertiges Lehrwerk. Und der sich wandelnde Status des Buchs wirkt dabei schließlich auch auf das in ihm enthaltene Wissen zurück: Neben die Sprache als praktisches Kommunikationsmittel, als „Materie“, derer man sich nach seinem eigenen Bedarf bedient, tritt die Sprache als System, dessen Regeln es zunächst zu beherrschen gilt, bevor man sich in ein fremdes Land wagen kann – mit Gottes Hülffe und getreuer Anleitung eines verständigen Sprachmeisters!

Linda Gennies ist Romanistin und arbeitet als Doktorandin am SFB 980 Episteme in Bewegung.

Der Beitrag ist Teil der Serie Paratextuelle Lenkung.